KONFERENZ HERBST 2025
A FUTURE FOR WHOSE PAST? THE HERITAGE OF MINORITIES, FRINGE GROUPS AND PEOPLE WITHOUT A LOBBY
INTERNATIONALE UND INTERDISZIPLINÄRE TAGUNG AUF MONTE VERITÀ, ASCONA, SCHWEIZ
21.10 BIS 24.10.2025
Das Europäische Denkmalschutzjahr 1975 stand unter dem Motto «Eine Zukunft für unsere Vergangenheit». 50 Jahre später stellt sich angesichts der Folgen von Globalisierung, Migration, kommunikationstechnologischer Revolutionen und bürger- und menschenrechtlichem Aktivismus die Frage, wer mit «uns» überhaupt gemeint ist. Denn wer zur Gesellschaft dazugehört, ist nicht schon dadurch beantwortet, dass eine Gesellschaft von sich selbst behauptet, pluralistisch zu sein und in einem beschleunigten Prozess der Ausdifferenzierung begriffen ist. Einen selbstlaufenden Trend zu mehr gesellschaftlicher Toleranz und Offenheit gibt es nicht, wie gerade in jüngster Zeit am Aufschwung rechtsnationalistischer Parteien und populistischer Kampagnen gegen Zugewanderte im gesamten globalen Norden konstatiert werden muss. Die Frage der Zugehörigkeit ist vielmehr ein kontinuierlicher Aushandlungsprozess, in dem sich die Grenzen dessen, was als akzeptierte Vielfalt gilt, permanent verschieben – und zwar massgeblich auch durch die Festlegung, welche Geschichte erinnert und wessen Kulturerbe geschützt werden sollen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie spezifische Wissens- und Rechtsregime bestimmen, was als schützenswerte Kultur Anerkennung findet, und welche Bedingungen zu deren Ausformung beigetragen haben? Wen schliesst die institutionelle Denkmalpflege heute bereits unbewusst oder auch bewusst aus, wenn sie Grundlagen für den Entscheid erarbeitet, wessen Erbe zukünftig bewahrt werden soll. Welche Rolle spielen in diesem Kontext Verbände oder auch Fachvereinigungen? Liesse sich die denkmalpflegerische Praxis aus der Sicht der bislang Nichtbeachteten inklusiver denken und betreiben? Debatten um die Bedeutung bislang wenig beachteter immaterieller Werte für die Beurteilung materieller Kulturgüter und das Verhältnis von Erhaltung und Anpassung baukultureller Bestände zielen bereits in diese Richtung, insofern sie den Erbe-Begriff etwa für die baulichen Zeugnisse indigener Völker erweitert, für Räume jenseits Europas geöffnet und für die Einbeziehung sich ändernder Rahmenbedingungen sensibilisiert haben. Die denkmalpflegerischen und gesellschaftlichen Logiken von Aus- und Einschluss selbst stehen dabei jedoch noch nicht im Zentrum. Welche Denkmäler geraten in den Blick, wenn Minderheiten, Randgruppen und Menschen ohne Lobby Orte bezeichnen, an die sich für sie zentrale, ihr Leben in der Mehrheitsgesellschaft prägende Erfahrungen knüpfen? Welche neuen Konzepte sind nötig, um die dabei relevante Verschränkung von persönlicher Erinnerung und öffentlich sichtbaren Spuren im Denkmalbegriff zu integrieren? Und welche anderen Schutzansätze könnten entwickelt werden, um diese Konzepte operationalisierbar zu machen? Lassen sich daraus auch Perspektiven für den Umgang mit dem Erbe zukünftiger Minderheiten ableiten?
Die interdisziplinär ausgerichtete Konferenz «A Future for whose Past? The Heritage of Minorities, Fringe Groups and People Without a Lobby» widmet sich diesen Fragen. Sie findet vom 21. bis 24. Oktober 2025 anlässlich des 50jährigen Jubiläums des Europäischen Denkmalschutzjahres statt. Die Tagung ist eine gemeinsame Veranstaltung der Arbeitsgruppe «Denkmalschutzjahr 2025» des ICOMOS Suisse, der ETH Zürich und Lausanne sowie der Nationalen Informationsstelle zum Kulturerbe NIKE (ab März 2025 Netzwerk Kulturerbe Schweiz). Ziel der Tagung ist es, den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis zu vertiefen und vielfältige Vernetzungsgelegenheiten zwischen beiden Bereichen zu schaffen. Tagungsort ist das Kongresszentrum Congressi Stefano Franscini auf dem Monte Verità.
Kontakt: denkmalschutzjahr2025@arch.ethz.ch
Wissenschaftlicher Ausschuss (Peer Reviewers)
Riin Alatalu
Clara Arokiasamy
Christian Auf der Maur
Tom Avermaete
Simon Berger
Silvana Bezzola Rigolini
Monica Bilfinger
Nicola Braghieri
Patrick Cassitti
Albina Cereghetti
Kenny R. Cupers
Rune Frandsen
Sebastian Geisseler
Francesca Gemnetti
Florence Graezer Bideau
Shen He
Stephanie Herold
Wolfram Höhne
Nina Hüppi
Mariam Issoufou
Giacinta Jean
Maria Kouvari
Gerold Kunz
Torsten Lange
Reto Marti
Hans-Rudolf Meier
Maria Portmann
Brigitte Röder
Sauter Sauter
Daniela Spiegel
Paolo Tombesi
Philip Ursprung
Cecile Vilas
Willi Wotreng
Stefan Wülfert
Helen Wyss
Heinzpeter Znoj
Bild: Monte Verità, Ascona. © Reinicke / onarchitecture.de